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belgische Fliesen

Ausstellung


Jugendstilpracht auf belgischen Fliesen

Eröffnung der Ausstellung am 7.10.2011 um 15.00 Uhr


In einer außerordentlichen erlesenen Ausstellung historischer belgischer Fliesen der frühindustriellen Epoche gibt das Erste Deutsche Fliesenmuseum Boizenburg Einblicke in das künstlerische Schaffen unseres Nachbarlandes und schließt damit eine wichtige Lücke in der Vielseitigkeit europäischer Fliesenkultur.

Gezeigt werden Erzeugnisse für Wandbekleidungen und Bodenbeläge im Jugendstil und Art deco bis hin zur Modernen von ehemaligen führenden keramischen Fabriken Belgiens. Sie entwickelten sich zu einem der wichtigsten Produzenten in Europa und waren weltweit mit die größten Konkurrenten deutscher Hersteller.

belgische Fliesenbelgische Fliesen

Die Blütezeit der belgischen Fliesen ist ohne Zweifel die Periode des Jugendstils, deren gediegene Kleinode von bedeutenden Architekten und Designern wie Victor Horta und Henry van de Velde zutiefst beeinflusst wurden.

Prunkvolle Wandbilder und Paneele, sowie Einzelfliesen und technologisches Interieur aus der Zeit der Jahrhundertwende um 1900 beeindrucken in besonderer Weise durch ihre Vielfalt und Ausdrucksstärke sowie technische Meisterschaft und lassen die Handschrift ihrer künstlerischen Entwerfer erkennen.

belgische Fliesenbelgische Fliesen

Anliegen des Ersten Deutschen Fliesenmuseums ist es seinen Besuchern zum ersten Mal eine ausführliche Übersicht der Entwicklung der belgischen Fliese von 1840 bis zum Ende der Fliesenproduktion 1979 zugänglich zu machen und Künstlerpersönlichkeiten dieser Zeit vorzustellen.

Durch eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit belgischen Museen, wie des Museums für Industriekultur in Gent MIATwww.miat.gent.be ), wo nachfolgend diese Ausstellung präsentiert werden soll, und Fliesenhistorikern wird diese Präsentation erst ermöglicht und ist ein weiterer Baustein auf dem Wege zu einem europaweiten Museumsverbund.

belgische Fliesenbelgische Fliesen


Mit vorbereitet wurde und begleitet wird die Ausstellung von Herrn Mario Baeck, einer belgischen Autorität auf dem Fliesengebiet, Autor einer Reihe von Fachbüchern und Kurator dieser Ausstellung.


Nachfolgend der Text seiner Rede, gehalten auf der Vernissage am 7.10.2011:

"Die belgische Boden und Wandfliesenproduktion hat eine lange und reiche Geschichte.

Viele berühmte Gemälde der altniederländischen Malerei wie die von Jan van Eyck und Rogier van der Weijden zeigen überall in der Welt den mittelalterlichen flämischen Reichtum an schönen geometrischen Bleiglasurfliesen, Fliesen mit Intarsien und bemalte Zinnglasurfliesen.

Ab 1500 wuchs die internationale Hafenstadt Antwerpen zu einem der wichtigsten Produktionszentren von Majolika Keramik. In keinem internationalen Überblick über die Fliesengeschichte fehlt der magistrale Fußboden der Abtei von Herkenrode oder das Wandfliesenbild der Bekehrung Sauls (1547) in bunten Renaissancestil.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zogen viele flämische Fliesenbrenner aus Antwerpen in die nördlichen Niederlande, nach England, aber auch nach Spanien und Portugal, wo sie dort mit an der Basis einer blühenden Fliesenindustrie lagen. Ein erster Höhepunkt war damit beendet.

Dann mussten wir bis zum 19. Jahrhundert warten.

Wie in Deutschland wurde auch in das noch junge Belgien die in England entwickelte Trockenpressentechnik für die Herstellung von Bodenfliesen importiert. Dank der Familie Boch die im Jahre 1841 in La Louvière im Hennegau eine neue Keramikfabrik gründete, wurden schon in den Jahren um 1850 trockengepresste Bodenfliesen aus Steinzeug hergestellt. Es wurde ein kommerzieller Riesenerfolg. Dieser Aufschwung führte zur Gründung vieler konkurrierender Fabriken die von den 1880er Jahren tätig waren und ein erheblicher Teil ihrer Produktion in die ganze Welt exportierten. Die Qualität dieser Fliesen wird in der Ausstellung durch typischeBeispiele in verschiedenen Stilen, einschließlich Art Nouveau, oder Jugendstil, dargestellt.

Die trockengepresste Wandfliese befolgte bald den gleichen Weg.

Nächst Fliesen in traditioneller Delft blaue Tradition oder mit neoklassischen, neogotischen oder Neorenaissancemotive wurden auch prachtvolle Entwürfe von der arabischen, persischen und japanischen Kunst beeinflusst, hergestellt.

Maison de Blanc

Der Höhepunkt der dekorierten industriellen Wandfliese ist in Belgien unbestreitbar verbunden mit dem Art Nouveau oder dem Jugendstil die durch führende Architekten und Künstler wie Victor Horta, Henry van de Velde, Gustave Serrurier-Bovy, den Juwelier Philippe Wolfers und den Plakatkünstler Privat Livemont auf die Weltkarte gesetzt wurden. Mehr als in den Nachbarländern ist die belgische Jugendstilarchitektur weitgehend charakterisiert durch die Fülle an farbigen Fliesenbildern an Fassaden, Loggien und Arkaden, und oft auch in sehr luxuriösen Innenräumen.

Glücklicherweise sind viele dieser Projekte noch an Ort und Stelle zu sehen. Um Sie davon zu überzeugen, müssen Sie daher nach Belgien kommen, obwohl Sie schon hier in der Ausstellung einen Vorgeschmack bekommen anhand einiger transportabler Bilder aus privaten Sammlungen. Auch die schöne Serie originalgetreuer Kopien der prachtvollen Fassadendekore, von der Firma Boch hergestellt nach Entwurf von Privat Livemont, und in den letzten Jahren vom flämischen Keramiker Paul Kenens nachgebildet, sprechen für sich. Einen guten Eindruck der Fülle an Jugendstildekors im ganzen Land erhalten Sie weiter anhand der projizierten Bilder von etwa 40 wichtigen Realisierungen.

Die Ausstellung zeigt auch eine repräsentative Auswahl der alltäglichen belgischen Wandfliesenproduktion mit dem Schwerpunkt auf die Zeit des Jugendstils. Mit derem charakteristischen Linien nimmt Belgien, innerhalb der westeuropäischen Produktion seiner Zeit, sehr deutlich einen eigenen Platz ein. Dabei ist der Einfluss des literarischen Symbolismus und der Theosophie deutlich erkennbar in der Fülle der symbolisch gestallteten Blumen-und Pflanzenmotive. Doch ist auch - dank Van de Velde – die mehr geometrische Linie regelmäßig vorhanden.

Wie für Deutschland und Frankreich, und im Gegensatz zu den Niederlanden und England, war der erste Weltkrieg ein wichtiger Bruch, auch für die belgische Fliesenproduktion. Die großen Fabriken produzierten ab den zwanziger Jahren resolut ein mehr modernes Design, das sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg fortsetzte.

Auch einige ausgewählter Beispiele dieser späteren Produktion zeigt die Ausstellung.

Mit all diesem wird zum ersten Mal - in Weltpremiere - eine große und repräsentative Kollektion zusammengestellt, die es ermöglicht die große Vielfalt und die besondere Qualitäten der belgischen Fliesenproduktion aus dem 19. und 20. Jahrhundert kennen zu lernen.

Mario Baeck
Kurator der Ausstellung Jugendstilpracht auf belgischen Fliesen
Erstes deutsches Fliesenmuseum Boizenburg e.V. - 7.10.2011 bis 30.09.2012"



Auf der Ausstellungseröffnung am 7. Oktober 2011:


Ausstellungseröffnung

Das Foto zeigt Mitglieder des Vorstandes des Vereins "Erstes Deutsches Fliesenmuseum Boizenburg e.V." zusammen mit Leihgebern und dem Kurator der Ausstellung. Von links nach rechts: Frau Kenens, Lothar Scholz, dahinter Herr Kenens, Judith Baeck, Mario Baeck, Herr und Frau Amfora, Klaus Schiller, Helen Paul und Rudolf Matz.
Foto: © Dietmar Kreiß von der SVZ



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